Stabile Erträge trotz Krise

real estate report, Ausgabe 16 - ESG-Kriterien werden immer wichtiger, trotz Corona-Krise. Für Gabriela Theus, Geschäftsführerin des börsenkotierten IMMOFONDS, sind diese zentral, um die Nachhaltigkeit von Objekten überhaupt sicht- und vergleichbar zu machen. Gabriela Theus im Interview.

Verschiedene Studien zeigen, dass die Klimaziele 2050 im Bereich Gebäude trotz der aktuellen Verbesserungsquote in der Schweiz kaum erreicht werden können. Wie wichtig sind dabei die ESG*-Kriterien, auch während der Corona-Krise?
Gabriela Theus: Die Corona-Krise wird vorbeigehen, während das ESG-Thema bleibt. Seit rund einem Jahr stellen wir fest, dass Investoren ESG-Informationen nachfragen, vorher war das kaum ein Thema. Einheitliche ESG-Kriterien sind dabei zentral, um die Nachhaltigkeit von Objekten überhaupt sicht- und vergleichbar zu machen.

Mit den Studien zur 2000-Watt-Gesellschaft und den Empfehlungen von SIA 2040 hat die Branche bereits konzeptionelle Vorarbeit geleistet. Wird das reichen?
Gabriela Theus: Das sind wichtige Arbeitsinstrumente, aber es wird nicht reichen. Im Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS 2.0 Hochbau) wurden 12 Kriterien definiert, wobei diese stark auf den Neubau fokussieren. Das Potenzial liegt aber im Bestand. Hier braucht es meiner Meinung nach ein Label, das mit wenigen Indikatoren auskommt und einfach und kostengünstig zu erheben ist.

Was unternehmen Sie konkret, um die Nachhaltigkeit im Gebäudebestand Ihres Portfolios systematisch zu erfassen und zu verbessern?
Gabriela Theus: Da stehen wir noch am Anfang. Wir haben ein strategisches Projekt zur Messung und Beurteilung der Nachhaltigkeit des Immobilienportfolios initiiert. In einem Jahr sollten wir dazu erste Resultate kommunizieren können.

Was geschieht mit den Bestandesobjekten, die punkto Energieeffizienz häufig schlecht abschneiden?
Gabriela Theus: Die Bestandesbauten werden im Rahmen des Erneuerungszyklus gesamtheitlich analysiert. Energieeffizienz ist dabei ein Thema, aber nicht das einzige. Bei älteren Gebäuden sollte bei Erneuerungen auch die graue Energie berücksichtigt werden. Bei Heizungs-Sanierungen setzen wir wenn möglich auf erneuerbare Energien.

Bewerten Sie auch Akquisitionsobjekte bereits nach ESG-Kriterien?
Gabriela Theus: Wir berücksichtigen diese Kriterien bei der Bewertung. Das heisst aber nicht, dass wir nur ESG-Musterliegenschaften erwerben. Im Frühjahr haben wir eine kürzlich innen und aussen sanierte Liegenschaft in Zürich gekauft, in der noch eine fossile Heizung in Betrieb ist. In ein paar Jahren, wenn die Heizung das Ende des Lebenszyklus erreicht hat, werden wir sie nachhaltig sanieren.

Kann es sowohl aus ökologischer und ökonomischer Sicht sinnvoll sein, auch ältere Liegenschaften mit schlechter Nachhaltigkeitsbilanz zu erwerben und diese energetisch zu sanieren?
Gabriela Theus: Ja. Wir haben vor sieben Jahren ein Portfolio mit mehreren Liegenschaften übernommen, darunter auch vier sanierungsbedürftige Mehrfamilienhäuser aus den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Gegenüberstellung von Neubau und Sanierung hat gezeigt, dass aus ESG-Sicht eine Sanierung weitaus sinnvoller und auch wirtschaftlich interessant ist. Wir haben dort eine praktisch energieautarke Sanierungslösung gefunden mit Wärmepumpenheizung/Solarzellen, Isolation der Hülle, Begrünung und Aufwertung des Aussenraumes und dem Schutz einer gefährdeten Vogelart, welche in den Gebäuden brütet. Die Wohnungen sind im Sommer bezugsbereit und wieder voll vermietet.

Genügen aus Ihrer Sicht die Anreizsysteme der Kantone und des Bundes zur CO2-effizienten Erstellung und Erneuerung von Liegenschaften?
Gabriela Theus: Die Anreizsysteme sind da, allerdings sind sie kompliziert, föderalistisch uneinheitlich und manchmal nicht zielführend. So können mit der Sanierung von Heizung, Fenster und Dach in einigen Fällen enorme Verbesserung in der Energieeffizienz erreicht werden, eine zusätzliche Fassadenisolation bringt hingegen nur noch einen kleinen Zusatznutzen. Subventionen erhalten aber nur Sanierungen, die auch die Fassade umfassen.

Welche Massnahmen und Anreize vonseiten Gesetzgeber und Politik würden Sie aus Investorensicht begrüssen, um die Klimaziele in diesem Sektor schneller zu erreichen?
Gabriela Theus: Ein einfaches ESG-Label mit wenigen Kriterien für Bestandesobjekte wäre wünschenswert. Wichtig wären zudem schnellere und einfachere Bewilligungsverfahren, sowie einheitlichere Vorgaben statt föderalistischem Wildwuchs.

(Interview: Remi Buchschacher)

*ESG = Environmental, social and corporate governance. Bezeichnung für die Nachhaltigkeitskriterien bei Geldanlagen.

 

Stabile Erträge trotz Krise

real estate report, Ausgabe 16 - ESG-Kriterien werden immer wichtiger, trotz Corona-Krise. Für Gabriela Theus, Geschäftsführerin des börsenkotierten IMMOFONDS, sind diese zentral, um die Nachhaltigkeit von Objekten überhaupt sicht- und vergleichbar zu machen. Gabriela Theus im Interview.

Verschiedene Studien zeigen, dass die Klimaziele 2050 im Bereich Gebäude trotz der aktuellen Verbesserungsquote in der Schweiz kaum erreicht werden können. Wie wichtig sind dabei die ESG*-Kriterien, auch während der Corona-Krise?
Gabriela Theus: Die Corona-Krise wird vorbeigehen, während das ESG-Thema bleibt. Seit rund einem Jahr stellen wir fest, dass Investoren ESG-Informationen nachfragen, vorher war das kaum ein Thema. Einheitliche ESG-Kriterien sind dabei zentral, um die Nachhaltigkeit von Objekten überhaupt sicht- und vergleichbar zu machen.

Mit den Studien zur 2000-Watt-Gesellschaft und den Empfehlungen von SIA 2040 hat die Branche bereits konzeptionelle Vorarbeit geleistet. Wird das reichen?
Gabriela Theus: Das sind wichtige Arbeitsinstrumente, aber es wird nicht reichen. Im Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS 2.0 Hochbau) wurden 12 Kriterien definiert, wobei diese stark auf den Neubau fokussieren. Das Potenzial liegt aber im Bestand. Hier braucht es meiner Meinung nach ein Label, das mit wenigen Indikatoren auskommt und einfach und kostengünstig zu erheben ist.

Was unternehmen Sie konkret, um die Nachhaltigkeit im Gebäudebestand Ihres Portfolios systematisch zu erfassen und zu verbessern?
Gabriela Theus: Da stehen wir noch am Anfang. Wir haben ein strategisches Projekt zur Messung und Beurteilung der Nachhaltigkeit des Immobilienportfolios initiiert. In einem Jahr sollten wir dazu erste Resultate kommunizieren können.

Was geschieht mit den Bestandesobjekten, die punkto Energieeffizienz häufig schlecht abschneiden?
Gabriela Theus: Die Bestandesbauten werden im Rahmen des Erneuerungszyklus gesamtheitlich analysiert. Energieeffizienz ist dabei ein Thema, aber nicht das einzige. Bei älteren Gebäuden sollte bei Erneuerungen auch die graue Energie berücksichtigt werden. Bei Heizungs-Sanierungen setzen wir wenn möglich auf erneuerbare Energien.

Bewerten Sie auch Akquisitionsobjekte bereits nach ESG-Kriterien?
Gabriela Theus: Wir berücksichtigen diese Kriterien bei der Bewertung. Das heisst aber nicht, dass wir nur ESG-Musterliegenschaften erwerben. Im Frühjahr haben wir eine kürzlich innen und aussen sanierte Liegenschaft in Zürich gekauft, in der noch eine fossile Heizung in Betrieb ist. In ein paar Jahren, wenn die Heizung das Ende des Lebenszyklus erreicht hat, werden wir sie nachhaltig sanieren.

Kann es sowohl aus ökologischer und ökonomischer Sicht sinnvoll sein, auch ältere Liegenschaften mit schlechter Nachhaltigkeitsbilanz zu erwerben und diese energetisch zu sanieren?
Gabriela Theus: Ja. Wir haben vor sieben Jahren ein Portfolio mit mehreren Liegenschaften übernommen, darunter auch vier sanierungsbedürftige Mehrfamilienhäuser aus den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Gegenüberstellung von Neubau und Sanierung hat gezeigt, dass aus ESG-Sicht eine Sanierung weitaus sinnvoller und auch wirtschaftlich interessant ist. Wir haben dort eine praktisch energieautarke Sanierungslösung gefunden mit Wärmepumpenheizung/Solarzellen, Isolation der Hülle, Begrünung und Aufwertung des Aussenraumes und dem Schutz einer gefährdeten Vogelart, welche in den Gebäuden brütet. Die Wohnungen sind im Sommer bezugsbereit und wieder voll vermietet.

Genügen aus Ihrer Sicht die Anreizsysteme der Kantone und des Bundes zur CO2-effizienten Erstellung und Erneuerung von Liegenschaften?
Gabriela Theus: Die Anreizsysteme sind da, allerdings sind sie kompliziert, föderalistisch uneinheitlich und manchmal nicht zielführend. So können mit der Sanierung von Heizung, Fenster und Dach in einigen Fällen enorme Verbesserung in der Energieeffizienz erreicht werden, eine zusätzliche Fassadenisolation bringt hingegen nur noch einen kleinen Zusatznutzen. Subventionen erhalten aber nur Sanierungen, die auch die Fassade umfassen.

Welche Massnahmen und Anreize vonseiten Gesetzgeber und Politik würden Sie aus Investorensicht begrüssen, um die Klimaziele in diesem Sektor schneller zu erreichen?
Gabriela Theus: Ein einfaches ESG-Label mit wenigen Kriterien für Bestandesobjekte wäre wünschenswert. Wichtig wären zudem schnellere und einfachere Bewilligungsverfahren, sowie einheitlichere Vorgaben statt föderalistischem Wildwuchs.

(Interview: Remi Buchschacher)

*ESG = Environmental, social and corporate governance. Bezeichnung für die Nachhaltigkeitskriterien bei Geldanlagen.

 

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