Prozessflut programmiert

IMMOBILIEN BUSINESS - Die Covid-19-Pandemie respektive der zu ihrer Eindämmung vom Bundesrat verhängte Lockdown hatte für viele Gewerbetreibende hohe Umsatzausfälle zur Folge. Der Streit um Mietreduktion oder -erlass beschäftigt inzwischen die Gerichte.

Juristisch ist das Thema bislang noch absolutes Neuland: Unzählige Läden, Boutiquen, Coiffeursalons und Restaurants wollen für die Zeit des Lockdowns keine Miete zahlen - doch längst nicht alle Vermieter haben dafür Verständnis. Der Streit beschäftigt inzwischen Politiker und Gerichte. Der Bundesrat hat bislang (Redaktionsschluss: Ende Mai 2020) von einem notrechtlichen Eingriff in die Vertragsverhältnisse abgesehen; das Parlament konnte sich in der Frühlingssession auf keine Lösung einigen.

Für Tobias Kunz, Präsident des Verbandes der Geschäftsmieter, ist der Fall indes klar: Für die Zeit des Lockdowns vom 17. März bis am 11. Mai liegt aus seiner Sicht «ein Mangel» im Sinne des Mietrechts vor - somit habe der Mieter Anspruch auf eine Mietzinsreduktion. [.........]

...aber noch kein Präzedenzfall

Erfahrene Rechtsanwälte sehen darin indes noch keinen Präzedenzfall. Wer sich die Mühe mache, das Thema juristisch auszuleuchten, könne auch zu anderen Schlüssen kommen, heisst es. [.........]

Besser das Gespräch suchen...

Da es sich um «rechtliches Neuland» handle, empfiehlt der Anwalt den Vertragsparteien, miteinander das Gespräch und einvernehmliche Lösungen zu suchen - sodass die Mietverhältnisse weitergeführt werden könnten. [.........]

Für wenig hilfreich halten es die meisten Fachleute, wenn es im Sommer doch noch zu einem Eingriff auf gesetzlicher
Ebene kommen sollte. Nicht zuletzt, weil sich Vermieter und Mieter in vielen Fällen schon auf einvernehmliche Lösungen geeinigt und das Problem damit entschärft haben. Gabriela Theus, Leiterin des IMMOFONDS, sagt beispielsweise: «Wir haben mit allen betroffenen Geschäftsmietern Kontakt aufgenommen, intensiv nach beidseitig tragbaren Lösungen gesucht und in über 80 Prozent der Fälle auch gefunden». Mit den anderen Mietern laufen Verhandlungen. In der Öffentlichkeit ist man sich noch zu wenig bewusst, dass das Ganze auch staatspolitisch problematisch werden könnte. Immerhin verstösst es gegen alle Prinzipien, gesetzlich mit Rückwirkung auf eine abgeschlossene Zeit einzugreifen (nämlich die Phase des Lockdowns im Frühling) - auch dies würde eher zu Rechtsunsicherheit führen als wirtschaftliche Probleme lösen.

(von Jürg Zulliger)

 

Prozessflut programmiert

IMMOBILIEN BUSINESS - Die Covid-19-Pandemie respektive der zu ihrer Eindämmung vom Bundesrat verhängte Lockdown hatte für viele Gewerbetreibende hohe Umsatzausfälle zur Folge. Der Streit um Mietreduktion oder -erlass beschäftigt inzwischen die Gerichte.

Juristisch ist das Thema bislang noch absolutes Neuland: Unzählige Läden, Boutiquen, Coiffeursalons und Restaurants wollen für die Zeit des Lockdowns keine Miete zahlen - doch längst nicht alle Vermieter haben dafür Verständnis. Der Streit beschäftigt inzwischen Politiker und Gerichte. Der Bundesrat hat bislang (Redaktionsschluss: Ende Mai 2020) von einem notrechtlichen Eingriff in die Vertragsverhältnisse abgesehen; das Parlament konnte sich in der Frühlingssession auf keine Lösung einigen.

Für Tobias Kunz, Präsident des Verbandes der Geschäftsmieter, ist der Fall indes klar: Für die Zeit des Lockdowns vom 17. März bis am 11. Mai liegt aus seiner Sicht «ein Mangel» im Sinne des Mietrechts vor - somit habe der Mieter Anspruch auf eine Mietzinsreduktion. [.........]

...aber noch kein Präzedenzfall

Erfahrene Rechtsanwälte sehen darin indes noch keinen Präzedenzfall. Wer sich die Mühe mache, das Thema juristisch auszuleuchten, könne auch zu anderen Schlüssen kommen, heisst es. [.........]

Besser das Gespräch suchen...

Da es sich um «rechtliches Neuland» handle, empfiehlt der Anwalt den Vertragsparteien, miteinander das Gespräch und einvernehmliche Lösungen zu suchen - sodass die Mietverhältnisse weitergeführt werden könnten. [.........]

Für wenig hilfreich halten es die meisten Fachleute, wenn es im Sommer doch noch zu einem Eingriff auf gesetzlicher
Ebene kommen sollte. Nicht zuletzt, weil sich Vermieter und Mieter in vielen Fällen schon auf einvernehmliche Lösungen geeinigt und das Problem damit entschärft haben. Gabriela Theus, Leiterin des IMMOFONDS, sagt beispielsweise: «Wir haben mit allen betroffenen Geschäftsmietern Kontakt aufgenommen, intensiv nach beidseitig tragbaren Lösungen gesucht und in über 80 Prozent der Fälle auch gefunden». Mit den anderen Mietern laufen Verhandlungen. In der Öffentlichkeit ist man sich noch zu wenig bewusst, dass das Ganze auch staatspolitisch problematisch werden könnte. Immerhin verstösst es gegen alle Prinzipien, gesetzlich mit Rückwirkung auf eine abgeschlossene Zeit einzugreifen (nämlich die Phase des Lockdowns im Frühling) - auch dies würde eher zu Rechtsunsicherheit führen als wirtschaftliche Probleme lösen.

(von Jürg Zulliger)

 

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