Mehr Biodiversität, mehr Lebensqualität

Mehr Biodiversität, mehr Lebensqualität

«Eine Siedlung hat beides, Innenräume wie Aussenräume, und beiden gilt es Sorge zu tragen», sagt Andrea Schwörer mit Überzeugung. Im Visier hat sie dabei sowohl die Natur als auch die Menschen. «Man gibt der Natur Raum zurück, der ihr durch die Bebauung genommen wurde», umreisst sie ihre Arbeit. Eine grosse Rolle komme aber auch sozialen Aspekten zu: «Aussenräume sind wie ein zusätzliches Zimmer, zu dem alle Mieterinnen und Mieter, nicht nur jene mit Gartensitzplätzen, Zugang haben sollten.»

Intakte Lebensräume sorgen für Biodiversität
Dafür ist eine differenzierte Planung wichtig: «Es braucht gemeinsame Bereiche, die das soziale Leben in der Siedlung stärken, und auch Rückzugsbereiche.» Allein zusätzliche Raumstruktur mit Pflanzen, Natursteinen und Asthaufen erge- ben ein anderes Erscheinungsbild, was wiederum zu einer besseren Identifikation mit dem Ort beitrage. Schwörer setzt auf einheimische Pflanzen und achtet bei der Auswahl darauf, dass diese einen intakten Lebensraum für Kleintiere und Insekten bieten. So brauchen Schmetterlinge bestimmte Pflanzen als Futter und andere Pflanzen zur Eiablage. Erst so entstehe Artenvielfalt oder eben Biodiversität.

An der Rosinlistrasse in Wetzikon hat Schwörer einen kargen Innenhof mit viel Kies und wenig Grünfläche angetroffen. Der Spielplatz war in die Jahre gekommen, die Privatsphäre der Gartensitzplätze ungenügend. Im Sommer heizte sich der Hof stark auf, da die noch jungen Bäume kaum Schatten warfen.

Nach der Neugestaltung hat es im Innenhof immer noch Kiesflächen, insgesamt aber auch viel mehr Pflanzen. Gepflanzt wurden hitzeresistente Wildstauden, die ohne Bewässerung auskommen und für die gewünschte Biodiversität sorgen sollen. Die Hartflächen wurden auf ein Minimum reduziert. Zudem wurde der Spielplatz erneuert und über dem Sandkasten ein Sonnensegel aufgespannt. Verzichtet wurde dagegen auf Hochbeete oder Obstgehölze, nicht zuletzt um den Aufwand für die Gartenpflege überschaubar zu halten.

Es braucht Herzblut in der Pflege
Das Thema Unterhalt ist gemäss Schwörer im Entscheid für eine naturnahe Aussenraumgestaltung sehr wichtig. In Sachen Kosten schneidet eine Bepflanzung mit Wildstauden gut ab. Sie werden Ende April kurzgeschnitten, danach muss nur noch ein paarmal pro Jahr gejätet werden. Ein Unterhalt im Winter entfällt. Konventionelle Rasen müssten alle zwei oder drei Wochen gemäht werden, naturnahe Blumenrasen nur alle sechs Wochen, damit sich die Blumen versamen können. Auch Kiesflächen bräuchten eine regelmässige Pflege, um eine unerwünschte Begrünung zu verhindern.

«Planung und Umsetzung sind eine Sache», so Schwörer. Der Erfolg steht und fällt jedoch mit naturnaher Pflege: «Unterhaltsgärtner müssen geschult werden, damit sie sich Wissen über Biodiversität aneignen und auch Verständnis für das eher wilde Bild entwickeln, das diese Art der Aussenräume bieten kann.» Schnittgut darf liegen bleiben, um Insekten Lebensräume zu bieten, Stauden wie die Akelei können auch wandern, und es muss nicht immer alles «gepützelt» sein. Derzeit arbeitet die Landschaftsarchitekten an einem wegleitenden Pflegedossier für den Unterhalt. «Aber auch in der Pflege braucht es etwas Herzblut», sagt Schwörer, die in die Planung bereits viel davon eingebracht hat.